2024

Kooperation mit Lukas Harris

Klang, Deckenlautsprecher, Verstärker, USB-Sticks, Körperschallwandler, Magnethämmer, Motoren, Induktionsherdkupferspiralen, Kunststoffschnur, Arduinos, Relais, Platine, MOSFETs, Widerstände, Kabelklemmen, Dioden, Aluminium, Mischpult, Lautsprecher, Stahlseil, Kabelbinder, Einbaustromkasten, Wandfarbe, Rigips, Gips, Fugenband, Holz, Schrauben, Gewindeschrauben, Muttern, Kabel, Strom

Maße raumbezogen

Für den Kunstverein Buchholz wurde eine neue, raumgreifende Arbeit, die sich mit der Architektur und Funktionalität des Ortes auseinandersetzt, entwickelt. Quellen und Wiedergabemethoden verschleiern sich. Die Entkopplung als Möglichkeit Zeit und Raum zu trennen, zu überbrücken oder zu negieren, bildet grundsätzliche Gedanken der Arbeitsweise von Harris und Laib ab. Ich höre was, was du nicht siehst. Und die Farbe ist laut. Der Hund auf der anderen Straßenseite wird auch erst erlebte Realität, sobald er bellt oder sich bemerkbar macht.

Klang als Realitätsgarantie ist jedoch nicht immer eindeutig. R. Murray Schaeffer prägte den Begriff der Schizophonie in jener Ära, in der ein Klang durch elektronisches Einwirken, sei es durch Übertragungen oder Aufzeichnungen, nicht mehr auf seine Ursprungsquelle verwies, sondern ein Eigenleben entwickelte. Das Telefonat als prominentes Beispiel erlaubte, Kommunikation ohne körperliche Begegnung oder einen geteilten Luftraum zu ermöglichen. Eine gewisse Brutalität in den Möglichkeitsräumen schizophoner Herangehensweisen ist inhärent. Das Telefonat beginnt mit dem signalgebenden Weckruf einer Melodie, die einem vergegenwärtigt, dass Gesprächsbedarf besteht, dass der Wunsch besteht, einen Austausch zu beginnen, aber auch, dass Ruhe kein Privileg der elektrisierten und vernetzten Welt ist. Die Geisterhaftigkeit der Übertragung wirft dabei die Hörenden immer auf sich selbst zurück.

Innerhalb der Räume des Kunstvereins wurden Strukturen geschaffen, welche klangliche Phänomene und Konzeptionen beinhalten. Diese sind sowohl in der ursprünglichen als auch der geschaffenen Architektur präsent und lassen so die Grenzen des Bekannten, des Bewussten und des Phantastischen verschwimmen, zu neuen akustischen Strukturen. Die etablierte Realität der vorhandenen Räume wird infrage gestellt. Vornehmlich durch das Hören ergeben sich neue Betrachtungweisen und Erzählungen in Räumen, welche sich vormals ihrer direkten Auseinandersetzung entzogen.

Der Kunstverein wurde mit einem architektonischen Eingriff grundlegend verändert. Ausgangspunkt ist die Stellwand, die den Besucher:innen beim Betreten des Ausstellungsraums gegenüber steht. Deren Flucht wurde bis zum Ende des Raums in Form von Wänden verlängert, sodass ein rechteckiger Rundlauf entsteht. An Stellen, an denen aus vergangener Ladennutzung Deckenlautsprecher installiert waren, wurden kreisrunde Hörnischen geschaffen. Entlang des auf zwei Meter Höhe reduzierten Ganges zog sich eine Reihe an zusätzlich installierter Deckenlautsprecher. Eine angebrachte Fußleiste erwackt den Eindruck einer zusammenhängenden, massiven Wand.

Hinter den gebauten Wänden, die den Großteil des ursprünglichen Raumvolumens einnehmen, sind verschiedene Klangquellen installiert. An Rückwände klopfende Magnethämmer, Bodyshaker, Longstrings, Motoren und verschiedenste Tonabnehmer sorgen für raumgreifende Hörerfahrungen. Die alten Deckenlautsprecher wurden angezapft und mit verfremdeten Klängen aus dem Bereich der Werbung, der Jingles und des Muzak versehen. Die neu eingebauten Deckenlautsprecher folgten dem gesamten Rundlauf und ermöglichten einen abgestimmt wandernden Klang. Öffnende und sich verschließende Türen, Schritte, Summen und Geräusche aus der Welt der Einkaufsmärkte, wie etwa das Rollen von Einkaufswägen oder der prägnant piepende Signalgeber einer Kasse, formierten sich zu einer Komposition.